Warum Geiz eigentlich nur Recycling ist

Die Steinheimer Kabarettistin Helga Beckerhat hat mit ihrer Gebrauchsanweisung für Schwaben begeistert.

Warum Geiz eigentlich Recycling ist – nur auf Schwäbisch
Premiere im Klostermuseum: Helga Becker alias Frau Nägele und Anton Hunger treten gemeinsam mit ihrem Programm “Gebrauchsanweisung für Schwaben” auf

Im Steinheimer Klostermuseum können Fundstücke aus der Historie der Stadt bewundert werden, aber seit fünf Jahren gibt es dort auch unterschiedliche Veranstaltungen. Jetzt stand eine Premiere an: Unter dem Titel “Gebrauchsanweisung für Schwaben” traten zwei Topkenner des Themas auf – sehr zur Begeisterung des Publikums. Der Museumsraum war voll besetzt. In einer Ecke war eine kleine Bühne mit Tisch und Stühlen aufgebaut. Plötzlich ein zartes Glöckchengeklingel: “Toni, Toni, Toni” tönte es aus einem Lautsprecher und schon tauchte Helga Becker auf. Gekleidet wie eine ordentliche schwäbische Hausfrau mit Schürze und einem Korb voller zu stopfender Socken neben sich, begann sie ein Gespräch mit ihrem Mann. dargestellt von Anton Hunger. Helga Becker, Heimatpflegerin in Steinheim ist den meisten besser unter Ihrem Künstlernamen Frau Nägele bekannt. Einige Soloprogramme hat sie bereits den Schwaben gewidmet und bei einem Mundartfestival traf sie auf Anton Hunger. Auch er hat sich dem Schwäbischen verpflichtet, beleuchtet in seinem Buch -“Gebrauchsanweisung für Schwaben” die Seele selbiger. Bei so viel gemeinsamen Interessen also eigentlich kein Wunder. dass Helga Becker und Anton Hunger schnell beschlossen, gemeinsame Sache zu machen. Der Buchtitel wurde auch Programmtitel. und sie mixten aus Hungers Buchtexten und Beckers Soloprogrammen einen höchst unterhaltsamen, gut anderthalbstündigen Mundartabend. Historisch gewachsene Bräuche, Eigenheiten schwäbischer Wirklichkeiten, gewürzt mit Gedichten und Liedern präsentierten beide voller Hingabe und auch die nicht im Schwabenland Geborenen konnten so einiges über ihre Wahlheimat lernen – vorausgesetzt, sie waren des schwäbischen Dialekts mächtig. Das schöne “b’häb” zum Beispiel hat mit „behäbig” nichts zu tun. Vielmehr bezeichnet es einen sehr knauserigen Menschen. Bevor man nun aber in Vorurteile verfällt, erklärte Anton Hunger auch gleich, woher das kommt. Denn solange sich die Schwaben von der Landwirtschaft ernähren mussten, waren sie bettelarm, und diese Notjahrhunderte haben die Lehre des “M’r lässt nix verkomme” tief in die Bauernschädel eingehämmert – bis heute sitzt sie noch dort. In Anbetracht all der Verschwendung der modernen Konsumgesellschaft und Ihrer Folgen für die Umwelt eine durchaus erstrebenswerte Eigenschaft oder, wie es Helga Becker ausdrückte: “Das ist kein Geiz. Das ist Recycling.” 

Ist der Schwabe wirklich so maulfaul, was gehört unbedingt zur schwäbischen Küche, wie ist das mit dem Häuslebauen bis hin zur Hügelherrlichkeit Stuttgarts und den daraus resultierenden Problemen reichte der erste Teil des Mundartabends. Wobei der Vorschlag Helga Beckers, Maultaschen bereits zum Frühstück mit Gsälz und Honig zu verspeisen, nicht auf Gegenliebe beim Publikum stieß. Voll ins Schwarze traf sie dagegen bei einer Aufzählung alter, fast vergessener schwäbischer Wörter und der anschließenden Frage, ob die Kinder und Enkel der Anwesenden eigentlich noch des Schwäbischen mächtig seien. Denn es bestehe die Sorge, dass bei all dem Hochdeutsch das schöne Schwäbisch zu sehr in Vergessenheit gerate. Manche fast schon philosophisch anmutende Sprachkonstruktion sei nur im Schwäbischen möglich. So gelinge es wohl nur auf Schwäbisch, These und Antithese knapp und doch perfekt auszudrücken. Beispiel gefällig? “Langsam pressierts.” Ebenso wiesen Helga Becker und Anton Hunger in Ihrer Nachhilfestunde für Nichtschwaben darauf hin, dass “Sau Kerle” nicht als Schimpfwort zu verstehen sei, sondern als Aufforderung, zu rennen. Der zweite Teil des Programms war der schwäbischen Erotik gewidmet, so es sie denn gäbe. Helga Becker erschien daher in Rot mit verführerischen schwarzen Netzstrümpfen und Pumps mit so gefährlich hohen Absätzen, dass Anton Hunger sie beim Laufen stützen musste. Helga Becker machte sich Gedanken über die modernen digitalen Formen der Annäherung. Anton Hunger zeigte, wie der Wunsch nach einem Bier von der Frau geholt, schließlich in einem Kinderwunsch und dessen Umsetzung endet – in einem Wort -“Schee war’s”.

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